Zwischen Salz, Seele & Farben – ein persönliches Interview
YVONNE HAGGARD
Künstlerin & Meeresschützerin
„Das Meer braucht keine Worte – es berührt das Herz auf seine eigene Weise. In meiner Kunst flüstert es weiter: von Liebe, Verbundenheit und dem stillen Wunsch, bewahrt zu werden.“
7 Fragen - 7 Antworten
Was inspiriert dich?
Von unschätzbarem Wert sind die Gespräche mit Menschen, die meine Werte und Ideale auf ihre eigene Weise widerspiegeln – verbunden in einer gemeinsamen Schwingung. Wenn sie mir voller Begeisterung von ihren schönsten Momenten am Meer erzählen – von magischen Begegnungen, Abenteuern, Erlebnissen voller Licht und Leben – dann spüre ich, wie ihre Augen zu leuchten beginnen und ihre Stimme zu vibrieren scheint. Diese geteilte Freude, dieses innere Strahlen – das berührt mich jedes Mal aufs Neue.
Und natürlich ist es der Ozean selbst, der mich immer wieder ruft. Die Natur, Flora und Fauna, leuchtende Farben, außergewöhnliche Muster, bizarre Formen – all das ist wie eine Schatzkammer der Inspiration. Manchmal wirkt es, als hätte sich die Natur beim Erschaffen in reiner Phantasie und purer Magie hingegeben – so kunstvoll, so genial, so lebendig.
Meine Kunst entsteht genau dort – zwischen Wellen und Wolken, Farben und Formen, Geschichten und Träumen. Sie ist durchzogen von dieser Phantasie, die alles möglich macht, und dieser Magie, die nur spürbar wird, wenn wir uns wieder mit der Natur verbinden.
Das Meer – mal stürmisch und wild, mal sanft und still. Die vielen Blau- und Türkistöne, das Glitzern im Sonnenlicht, das ewige Spiel der Wellen … Ich könnte stundenlang zusehen, wie sie ans Ufer rollen. Du auch?
Mit welchen Farben arbeitest du und wie nennt man deinen Malstil?
Am liebsten male ich mit Acrylfarben – sie haben eine wunderbare Leuchtkraft und lassen sich mit Wasser verdünnen. Ein großer Pluspunkt ist ihre schnelle Trocknungszeit – doch genau das kann auch zur Herausforderung werden. Besonders bei sanften Himmelsverläufen braucht es gutes Timing, denn: Dann zählt jede Minute. Aber mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl dafür – und es ist alles eine Frage der Übung.
Auch Aquarellfarben liebe ich – ihre Leichtigkeit und Transparenz erzählen ihre ganz eigene, sanfte Geschichte. Durch den hohen Wasseranteil entstehen dabei oft bizarre, überraschende Formen, als würde die Farbe selbst entscheiden, wohin sie fließen möchte.
Mein Malstil: eine Kombination aus phantastischer Wirklichkeit, Pop-Art und Comic-Style – gepaart mit maritimer Lebensfreude und einem Hauch Salzwassermagie.
Welches Thema vermalst du in deiner Kunst?
Ich male die Sprache des Meeres – ein Flüstern aus Wellen, Licht und salziger Freiheit. Meine Kunst ist ein Tor zu geheimen Orten, wo Palmen wie Wächter am Ufer stehen, Blüten in leuchtenden Farben strahlen und Meeresschildkröten wie Gedanken durch das Wasser gleiten.
Es ist ein Erinnern an das, was in uns wohnt: die tiefe Resonanz nach Verbundenheit, nach Weite, nach Frieden. Und zugleich ein leiser Ruf, dieses kostbare Wunder zu bewahren – mit Liebe, Achtsamkeit und dem Wissen, dass alles miteinander verbunden ist.
Warum liebst du das Meer?
Weil mein Atem dort tiefer wird und mein Herz leicht. Wenn ich am Meer bin, fällt alles von mir ab – Gedanken, Sorgen, Lärm. Ich setze mich einfach in den Sand, schaue auf die Weite des Wassers und spüre, wie etwas in mir zur Ruhe kommt. Der Wind trägt meine Gedanken fort, und das Rauschen der Wellen schenkt mir Klarheit.
Ich liebe das Gefühl, barfuß den Strand entlangzugehen, während das Meer sanft meine Füße umspült – wie eine stille Begrüßung. Es ist ein Ort, der mich erinnert, wer ich bin: frei, verbunden, lebendig.
Und dann ist da auch das Abenteuer: Das Abtauchen in bunte Korallenwelten, das schwerelose Schweben mit faszinierenden Meereswesen, das Glitzern des Lichts unter Wasser und die Wunder der Tiefe. Oder dieser eine Moment - wenn jemand auf einem Surfboard sitzt, den Horizont im Blick, getragen von den Wellen. Für mich ist es ein Symbol: eine schwimmende Brücke zwischen Mensch und Meer. Es steht für Hingabe, für Vertrauen, für Mut und für die Verbindung.
Ich liebe die Farben – all die Blau- und Türkistöne, den warmen Sand, die lebendige Kraft der Natur, die Magie des Meeres in all seinen Formen.
Und ich habe tiefen Respekt: vor seiner Wildheit, seiner Größe, seiner unberechenbaren Kraft. Ich weiß, wie es sich anfühlt, von den Wellen wie in einer Waschmaschine herumgewirbelt zu werden, nicht mehr zu wissen, wo oben und unten ist. Man taucht auf – und zack, da ist schon die nächste Welle.
Ich begegne dem Ozean, seinen Bewohnern und der Natur mit großer Achtung. Sie lehren mich – immer wieder. Sie erden mich. Der Ozean heilt, inspiriert, macht mein Herz stiller und glücklicher und meinen Atem ruhig und tief.
Was möchtest du mit deiner Kunst bewirken?
Ich wünsche mir, dass meine Kunst ein Lichtfunke ist – einer, der ein Lächeln auf die Lippen zaubert und das Herz ein kleines Stück weiter öffnet. Meine Bilder möchten erinnern: an warme Sommertage am Meer, an salzige Haut, funkelnde Wellen und an das Gefühl, vollkommen lebendig zu sein. Vielleicht wecken sie die Erinnerung an einen Moment voller Freude, Magie oder einer besonderen Begegnung – oder sie malen eine Sehnsucht wach: nach Freiheit, nach Tiefe, nach dem, was das Leben wirklich lebendig macht.
Ich möchte mit Farben Freude schenken, mit Formen Leichtigkeit streuen und mit jedem Pinselstrich sagen: Du darfst träumen. Du darfst vertrauen.
Meine Kunst feiert das Schöne, das Friedliche, das Unberührte – und trägt zugleich die bewusste Romantisierung einer Welt in sich, in der Harmonie, Freiheit und Naturverbundenheit nicht nur Sehnsucht, sondern gelebte Wahrheit sein dürfen.
Sie lädt dazu ein, wieder zu fühlen, was wir im Lärm des Alltags oft vergessen: dass wir verbunden sind mit allem, was ist. Dass die Natur unsere Kraftquelle ist. Dass das Meer unser Herz erinnert – an Ruhe, an Mut, an unsere eigene Magie.
Und vielleicht inspiriert sie dazu, den eigenen Weg ein kleines Stück bunter zu gehen, sich an die eigenen Werte und Träume zu erinnern – und ihnen mit neuer Kraft zu folgen.
Gibt es etwas was dich auch an dem Thema Meer frustriert?
Ja, sehr sogar. Auch wenn meine Kunst die Schönheit und das Licht des Meeres zeigt, kenne ich auch seine Schatten – und sie tun weh. Es bricht mir das Herz zu sehen, wie sehr wir diesen wundervollen Lebensraum belasten: durch Plastikmüll, Geisternetze, das großflächige Korallensterben, Überfischung, Artensterben, Lärmverschmutzung, das brutale Abschlachten von Meerestieren, Haifinning – und, und, und. Die Liste ist lang, und jeder einzelne Punkt steht für unermessliches Leid, das wir Lebewesen und Ökosystemen zufügen.
Was mir dabei besonders wichtig ist: Nicht nur Meerestiere leiden unter unserer Rücksichtslosigkeit. Auch an Land – etwa in der Massentierhaltung – wird tagtäglich unvorstellbares Leid verursacht. Ich finde es schwer zu ertragen, wie wir Tiere ausbeuten, als wären sie Dinge. Sie sind fühlende Wesen und wundervolle Seelen. Und ich hoffe von Herzen, dass immer mehr Menschen beginnen, auch hier hinzuschauen.
Ich finde es ermutigend, dass das Bewusstsein wächst. Dass inspirierende Stimmen wie die von Dr. Sylvia Earle oder Sir David Attenborough gehört werden. Und dass es Organisationen gibt, die sich unermüdlich und mit Herz für den Schutz der Meere, der Tiere und unserer Umwelt einsetzen – mit Wissen, Leidenschaft und echtem Engagement.
Ich selbst unterstütze einige dieser Initiativen – aus Überzeugung und Dankbarkeit. Ich glaube fest daran: Wir können es nur gemeinsam bewahren. Jeder Schritt zählt. Jede Entscheidung. Jeder liebevolle Blick.
Und vielleicht erinnert auch meine Kunst auf leise Weise daran, was wir nicht verlieren dürfen. Was es zu bewahren gilt. Für uns – und für alles, was lebt.
Hast du ein Motto?
Als ich 12 Jahre alt war, habe ich im Kunstunterricht ein Bild gemalt, auf dem ein Dinosaurier-Teenager in einem abgeholzten Wald sitzt und einen neuen Baum pflanzt. Darunter habe ich geschrieben: „Aufgeben? – NEIN NIEMALS!“
Und genau das ist mein Motto: immer handeln aus dem Herzen, immer weiter – wie die Wellen des Ozeans: „The Waves always rolling!"
Und hier noch etwas kleines, persönliches…
Es gibt Geschichten, die beginnen still – mit einem Namen, einem Funken und einem Gefühl, dass man nicht ohne Grund hier ist. Mein Name bedeutet Bogenschützin, geboren wurde ich im Jahr des Drachen.
Beides ist wie ein innerer Kompass, der mich leise lenkt – und in mir den Wunsch trägt, Gerechtigkeit in die Welt zu bringen und etwas dazu beizutragen, dass das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur nicht verloren geht – mit einem Bogen aus Herz und einem Pfeil aus Farbe und stiller Magie.